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Langzeit-Quantifizierung von Erosionsprozessen auf proglazialen Flächen hochalpiner Geosysteme seit dem Ende der Kleinen Eiszeit im Kontext des Klimawandels

Long-term quantification of erosion on proglacial areas of high alpine geosystems since the end of the Little Ice Age in the context of climate change

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Altmann, Moritz:
Langzeit-Quantifizierung von Erosionsprozessen auf proglazialen Flächen hochalpiner Geosysteme seit dem Ende der Kleinen Eiszeit im Kontext des Klimawandels.
Eichstätt, 2023. - XVIII, 211 S.
(Dissertation, 2023, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt)

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https://doi.org/10.17904/ku.opus-864

Kurzfassung/Abstract

Das Abschmelzen der Gletscher in den europäischen Alpen seit dem Ende der Kleinen Eiszeit (LIA) um die Mitte des 19. Jahrhunderts, das durch den Klimawandel noch verstärkt wurde, hat seitdem zur Entstehung großflächiger proglazialer Bereiche geführt. Diese unterliegen zum Teil einer lang anhaltenden und intensiven Morphodynamik.
Trotz vieler Forschungsanstrengungen bestehen nach wie vor einige Wissenslücken über die sich verändernde Morphodynamik. Für quantitative Langzeitanalysen dieser wurden in einigen Studien historische Luftbilder verwendet. Da diese aber erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stehen, ergibt sich bis zum Ende des LIA eine zeitliche Lücke von ca. 100 Jahren, für die die Reaktion der Flächen auf die Eisfreisetzung kaum bekannt ist. Um entsprechende Aussagen treffen zu können, sind daher weitere Daten und Untersuchungen erforderlich. Inwieweit sich das Erosionsmuster der geomorphologisch aktiven Flächen über die letzten Jahrzehnte hinweg verändert hat, ist ebenfalls nicht bekannt. Auch der Einfluss sich ändernder externer Faktoren, wie Temperatur und Niederschlag auf geomorphologische Hangprozesse und der Einfluss der sich klimawandelbedingt ändernden Naturraumausstattung proglazialer Flächen auf Erosions- und Akkumulationsflächen, sind unzureichend untersucht. Um den Fortschritt der paraglazialen Hanganpassung beurteilen zu können, fehlen zudem jahrzehntelange Vergleichswerte der Erosionsraten der LIA-Lateralmoränen mit denen außerhalb dieser Flächen, z.B. auf würmzeitlichen proglazialen Flächen. Ziel dieser Arbeit ist es daher, die genannten Forschungslücken zu adressieren und entsprechende Ergebnisse mit bestehenden Studien zu diskutieren.
Um einen ausreichend langen Untersuchungszeitraum zu gewährleisten, wurden verschiedene topographische Datengrundlagen aus unterschiedlichen Zeiträumen, basierend auf unterschiedlichen Fernerkundungsdaten, verwendet und miteinander kombiniert. Dazu gehören historische und aktuelle Luftbilder ab Mitte des 20. Jahrhunderts sowie aktuelle Light Detection and Ranging-Daten ab Mitte der 2000er Jahre, die entsprechend zu Orthofotos für flächenhafte Analysen bzw. zu digitalen Geländemodellen für volumetrische Analysen aufbereitet wurden. Um den Analysezeitraum in die zweite Hälfte des 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts auszudehnen, wurden einerseits historische terrestrische Schrägaufnahmen mittels digitalem Monoplotting ausgewertet und andererseits historische topographische Karten zu digitalen Geländemodellen prozessiert. Neben den topographischen Datensätzen wurden zudem naturräumliche Informationen wie meteorologische, hydrologische und vegetationskundliche Daten analysiert.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass die beiden hier vorgestellten Ansätze geeignet sind, den Zeitraum für quantitative Analysen der Morphodynamik auf LIA-Lateralmoränen und damit die Untersuchung paraglazialer Hanganpassungsprozesse zeitlich bis in die zweite Hälfte des 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zu erweitern. Die flächenhafte Analyse der Veränderung geomorphologisch aktiver Flächen auf Basis georeferenzierter Orthofotos zeigt eine nahezu kontinuierliche Flächenzunahme der (initialen) Runsensysteme eines LIA-Lateralmoränenabschnittes im Zeitraum zwischen 1890 und 2020. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zeigen die volumetrischen Analysen, die am gleichen Hang durchgeführt wurden, allerdings eine Abnahme der geomorphologischen Aktivität. Ein Differenzgeländemodell, das aus karten- und luftbildbasierten digitalen Geländemodellen berechnet wurde, ermöglichte es zudem, eine Rutschung mit entsprechend höherer Magnitude zu erkennen, welche sich zwischen 1922 und 1953 ereignete.
Die volumetrischen Analysen, die einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten (ab der Mitte des 20. Jahrhunderts) abdecken, zeigen im Allgemeinen eine Abnahme der geomorphologischen Aktivität der LIA-Lateralmoränen. In einigen Fällen kann auch ein zunehmender Trend oder ein Verbleiben der Morphodynamik auf ähnlichem Niveau nachgewiesen werden. Dies kann als Verzögerung des paraglazialen Anpassungsprozesses interpretiert werden, bzw. zeigt, dass die Systeme einer solchen Anpassung auch entgegenlaufen können. Bei der Analyse der Entwicklung der Erosionsmuster auf den Hängen konnten vor allem zwei Gruppen von geomorphologisch aktiven Flächen mit unterschiedlichen Reaktionen identifiziert werden. Auf der einen Seite zeigt eine Gruppe nicht nur einen abnehmenden Sedimentaustrag, sondern auch eine anfänglich deutlich höhere Variabilität des Erosionsmusters innerhalb der Fläche, die im Laufe der Jahrzehnte konstanter wird. Eine weitere Gruppe zeigt ebenfalls eine Abnahme des Sedimentaustrags über die Jahrzehnte, jedoch bleibt das Erosionsmuster innerhalb der Fläche über die Zeiträume hinweg konstant, so dass beide Gruppen in den letzten Jahrzehnten ein ähnliches Verhalten zeigen. Die entsprechenden Ergebnisse führten schließlich zur Entwicklung des „Sedimentaktivitätskonzepts“, welches den paraglazialen Hanganpassungsprozess der letzten Jahrzehnte zusammenfasst.
Erosionsflächen mit einer höheren mittleren und maximalen Hangneigung sowie einer größeren Hanglänge weisen generell höhere geomorphologische Aktivitäten auf als solche mit entsprechend geringeren Werten. Diese Charakteristik scheint jedoch einen größeren Einfluss auf die geomorphologische Aktivität zu haben als die Zeit der Eisfreiwerdung. Analysen sich verändernder externer Faktoren, wie der Temperatur- und Niederschlagswerte, konnten sowohl fördernde als auch hemmende Auswirkungen auf geomorphologische Hangprozesse identifizieren, sodass abschließend nicht beurteilt werden kann, inwieweit sich diese tatsächlich auf die Erosionsprozesse der letzten Jahrzehnte der LIA-Lateralmoränen ausgewirkt haben. Es ist davon auszugehen, dass der andauernde paraglaziale Anpassungsprozess, der in der Regel mit einer Abnahme der Morphodynamik proglazialer Flächen verbunden ist, hier einen deutlich größeren Einfluss hat, als die sich ändernden meteorologischen Einflüsse.
Die Langzeit-Vegetationsanalysen zwischen 1890 und 2020 haben gezeigt, dass sich die Vegetation innerhalb eines LIA-Lateralmoränenabschnitts vor allem in den Bereichen entwickelt, die geomorphologisch nicht aktiv sind. In den geomorphologisch aktiven Flächen schwankt die Vegetationsausbreitung deutlich stärker, da diese durch Erosions- und Ablagerungsprozesse regelmäßig zurückgedrängt wird. Mit zunehmendem Abfluss konnte in jüngerer Zeit beobachtet werden, dass Akkumulationsflächen seitlich erodiert werden können. Ebenso kann gezeigt werden, dass die geomorphologische Aktivität innerhalb des Vorfluters eine Verflachung im unteren Bereich der Hänge unterbindet und letztlich eine Verlandung der Erosionsbasis verhindert, was wiederum für die angrenzenden Hänge erosionsfördernd sein kann.
Der Vergleich mit den langjährigen Erosionsraten außerhalb der proglazialen Flächen zeigt, dass die Erosionsraten auf den LIA-Lateralmoränen um einige Magnituden höher liegen. Daraus kann geschlossen werden, dass sich diese noch deutlich in der Phase der paraglazialen Anpassung befinden.

Weitere Angaben

Publikationsform:Hochschulschrift (Dissertation)
Zusätzliche Informationen:Kumulative Dissertation
Sprache des Eintrags:Deutsch
Institutionen der Universität:Mathematisch-Geographische Fakultät > Geographie > Lehrstuhl für Physische Geographie
Mathematisch-Geographische Fakultät > Dissertationen / Habilitationen
DOI / URN / ID:10.17904/ku.opus-864
Open Access: Freie Zugänglichkeit des Volltexts?:Ja
Titel an der KU entstanden:Ja
KU.edoc-ID:32753
Eingestellt am: 30. Nov 2023 14:57
Letzte Änderung: 18. Jan 2024 13:55
URL zu dieser Anzeige: https://edoc.ku.de/id/eprint/32753/
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