Christusgemäßes Leben in Ehefreiheit oder Rettung durch die Ehe? : Kontroversen in der paulinischen und nachpaulinischen Literatur und die Folgen für Frauen

Kurzfassung/Abstract

Nach Überzeugung des Paulus haben unverheiratete Frauen und Männer bessere Möglichkeiten als verheiratete Menschen, ein ganz dem Christus gewidmetes Leben zu führen. Insbesondere für Frauen ist die Ehefreiheit ein Weg, ihrer Heiligkeit »an Körper und Geist« (1 Kor 7,34) gerecht zu werden. Dabei überlässt Paulus die Entscheidung über ihr persönliches Leben den Frauen und Männern selbst, und trotz aller Favorisierung der Ehefreiheit stehen Verheirateten und Unverheirateten alle Funktionen in der Gemeinde offen.
Der Autor der Pastoralbriefe justiert mittels fiktiver Selbstreferenzen die früheren Aussagen des Paulus nach und favorisiert die Ehe. Die Option, ein ehefreies Leben zu führen, wird auf wenige Frauen eingeschränkt (1 Tim 5,3–16). Ein Christus-gemäßes Leben soll durch die Erfüllung hierarchisch konzipierter und gesellschaftlich akzeptierter konservativer Geschlechterrollen erreicht werden. Heiligkeit hat ihren Ort in der Erfüllung der den Frauen zugewiesenen Rolle als Ehefrau und Mutter.
Zwar werden auch Männer auf Ehe und das Führen eines Hauswesens festgelegt; doch ist dies für Männer die Voraussetzung für die Übernahme eines Amtes in der Gemeinde, während Frauen diese nach dem Modell des Hauses modellierten Leitungsämter samt der damit verbundenen Lehre aufgrund der Ehe verwehrt sind.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig.