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Mit Musik geht alles besser? Zur Wirkung von Hintergrundmusik auf das Gedächtnis für Zahlenfolgen

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Schlemmer, Kathrin ; Wolf, Anna ; Gade, Miriam:
Mit Musik geht alles besser? Zur Wirkung von Hintergrundmusik auf das Gedächtnis für Zahlenfolgen.
2019
Veranstaltung: 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie, 6.-8. September 2019, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.
(Veranstaltungsbeitrag: Kongress/Konferenz/Symposium/Tagung, Poster)

Kurzfassung/Abstract

Musik wird häufig als Zeitkunst bezeichnet, und so hängt die Musikwahrnehmung ganz unmittelbar mit Gedächtnisprozessen zusammen, da beim Hören ständig Vergangenes und Gegenwärtiges in Beziehung gesetzt wird. Teilt man Gedächtnisprozesse nach zeitlichen Aspekten ein, so ist zwischen dem sensorischen Gedächtnis, dem Arbeitsgedächtnis und dem Langzeitgedächtnis zu unterscheiden. Dabei wird mit dem Arbeitsgedächtnis ein System beschrieben, das aktiv Gedächtnisinhalte für unmittelbar zu erledigende Aufgaben bereithält. Ein wichtiges theoretisches Modell für das Arbeitsgedächtnis stammt von Baddeley (Baddeley & Hitch, 1974, Baddeley, 2012) und unterscheidet zwischen einer exekutiven Komponente und zeitlich begrenzten Speichersystemen, die einerseits phonologische Information (phonological loop) und andererseits visuell-räumliche Information (visuo-spatial sketch-pad) bereithalten. Für Musik wird angenommen, dass sie gemeinsam mit Sprache in der phonologischen Schleife verarbeitet wird.
Baddeley überprüfte die Annahme einer gemeinsamen Verarbeitung von Musik und Sprache in der phonologischen Schleife mithilfe von Experimenten, in denen Gedächtnisaufgaben für sprachliche Inhalte mit und ohne Hintergrundmusik gelöst wurden. Im Experiment von Salamé und Baddeley (1989) war die Gedächtnisaufgabe das Memorieren von Ziffernfolgen aus 9 Ziffern, während im Hintergrund die folgenden akustischen Bedingungen vorlagen: Stille, Vokalmusik, Instrumentalmusik, fremdsprachliches Gedicht. Dabei wurden als Vokalmusik sowohl französische Popsongs als auch italienische und deutsche Opernarien und ein Kunstlied eingesetzt, und als Instrumentalmusik sowohl klassische symphonische Musik als auch Jazz-Stücke. Das Gedicht wurde in arabischer Sprache vorgelesen. Im Ergebnis zeigten sich im Vergleich zur Stille-Bedingung am stärksten erhöhte Fehlerraten bei Vokalmusik und gesprochener Sprache im Hintergrund, aber auch signifikant erhöhte Fehlerraten bei Instrumentalmusik im Hintergrund. Die Ergebnisse können als Beleg dafür interpretiert werden, dass Musik und insbesondere Vokalmusik einen obligatorischen Zugang zum phonologischen Speicher hat und die gleichzeitige Verarbeitung sprachlicher Aufgaben behindert.
Aufgrund der theoretischen Relevanz des berichteten Experiments für die Theorie des Arbeitsgedächtnisses, aber auch aufgrund der mittlerweile deutlich stärkeren Präsenz von Hintergrundmusik im Alltag der meisten Menschen und dadurch möglicherweise vorliegender Gewöhnungseffekte wird das Experiment von Salamé und Baddeley (1989) hier in zwei Laboren repliziert. An den Standorten Hamburg und Eichstätt werden jeweils Stichproben in derselben Größe wie im Originalexperiment erhoben (jeweils 24 Personen). Die Gedächtnisaufgabe ist die Wiedergabe von gelernten Sequenzen aus 9 Ziffern. Dabei werden als Hintergrundmusik folgende Bedingungen realisiert: Stille, Vokalmusik in einer Fremdsprache, Vokalmusik in der Muttersprache, klassische Instrumentalmusik, instrumentaler Jazz. Vorläufige Ergebnisse deuten einen schwächeren Effekt als im Originalexperiment und einen Einfluss des Musikstils an, so verschlechterte sich die Behaltensleistung im Vergleich zur Stille-Bedingung vor allem bei klassischer Instrumentalmusik und bei Vokalmusik in der Muttersprache. Vollständige Ergebnisse werden bei der Tagung berichtet.

Literatur:
Baddeley, A. D. (2012). Working Memory: Theories, Models, and Controversies. Annual Review of Psychology, 63, 1-29, https://doi.org/10.1146/annurev-psych-120710-100422
Baddeley, A. D. & Hitch (1974). Working memory. In: The Psychology of Learning and Motivation: Advances in Research and Theory, hrsg. von G. A. Bower, S. 47–89. New York: Academic. https://doi.org/10.1016/S0079-7421(08)60452-1
Salamé, P. & Baddeley, A. D. (1989). Effects of background music on phonological short-term memory. The Quarterly Journal of Experimental Psychology 41A(1), 107-122, http://dx.doi.org/10.1080/14640748908402355

Weitere Angaben

Publikationsform:Veranstaltungsbeitrag (unveröffentlicht): Kongress/Konferenz/Symposium/Tagung, Poster
Institutionen der Universität:Philosophisch-Pädagogische Fakultät > Musik > Professur für Musikwissenschaft
Open Access: Freie Zugänglichkeit des Volltexts?:Nein
Titel an der KU entstanden:Ja
KU.edoc-ID:23871
Eingestellt am: 25. Feb 2020 07:41
Letzte Änderung: 15. Mär 2022 13:28
URL zu dieser Anzeige: https://edoc.ku.de/id/eprint/23871/
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