Titelangaben
Gade, Miriam ; Brunner, Verena ; Schlemmer, Kathrin:
Zur Rolle musikalischer Expertise für die Handlungsplanung.
2019
Veranstaltung: 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie, 6.-8. September 2019, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.
(Veranstaltungsbeitrag: Kongress/Konferenz/Symposium/Tagung, Vortrag)
Kurzfassung/Abstract
Menschliches Handeln orientiert sich in der Regel an Zielen, zum Beispiel dem nächsten Konzert. Um diese Ziele zu erreichen, wird auf kognitive Repräsentationen zurückgegriffen welche Schritte und Teilhandlungen, z.B. Terminvereinbarung für Proben und eigenes Üben, für die Zielerreichung umfassen. Diese müssen im kognitiven System einen besonderen Status haben, damit sie handlungsleitend, also priorisiert werden. Daneben müssen alternative Handlungen, z.B. Unterrichtsvorbereitungen, für irrelevant erklärt und manchmal aktiv unterdrückt werden (Gade, Schuch, Druey, & Koch, 2014) Zielgerichtetes Handeln wird also zum einen durch die Aktivierung handlungsleitender Repräsentationen, zum anderen durch die Hemmung irrelevanter Repräsentationen sichergestellt. Aktivierung und Hemmung stehen dabei in einem an die aktuelle Situation angepassten Verhältnis. Neben situationalen Faktoren zeigt sich, dass Menschen Vorabinformationen über zu absolvierende Handlungen effektiv nutzen können, um die Balance zwischen Aktivierung und Hemmung zu optimieren. Gemeinhin werden diese Prozesse und ihr Zusammenspiel im Aufgabenwechselparadigma untersucht. In diesem Paradigma wechseln Teilnehmende zwischen zwei oder mehr einfachen Entscheidungsaufgaben basierend auf einem validen Hinweisreiz oder einer vorab instruierten Aufgabensequenz. Als Evidenz für Aktivierungs- und Hemmprozesse werden Differenzen in Reaktionszeiten und Fehlerraten analysiert. Evidenz für Aufgabenaktivierung sind reduzierte Leistungseinbußen, wenn die Aufgabe von einem Durchgang zum anderen wechselt, also beispielsweise eine Formklassifikation einer Farbklassifikation folgt. Evidenz für Aufgabenhemmung zeigt sich in der verlangsamten Ausführung einer zwei Durchgänge zuvor bearbeiteten Aufgabe (Gade et al., 2014). In unserer Studie gingen wir der Frage nach, wie sich musikalische Expertise (Laien, Amateure oder Studierende im Hauptfach Klavier, Hochschule für Musik und Theater München) bei den gleichen situationalen Charakteristiken (z.B. Aufgabenwiederholungshäufigkeit) auf die Leistung bei einfachen Klassifikationsaufgaben auswirkt. Die zu bearbeitende Aufgabensequenz musste vorab gelernt und dann aus dem Gedächtnis abgerufen werden. Musikalische Expertise wurde mit der Skala „Musikalische Ausbildung“ des Goldsmiths Musical Sophistication Index (Müllensiefen, Gingras, Musil, & Stewart, 2014) erhoben. Aktuelle Forschung (Slama, Rebillon, & Kolinsky, 2017) konnte zeigen, dass musikalische Expertise einen positiven Einfluss auf kognitive Flexibilität, gemessen in einem Paradigma, bei dem Teilnehmende zwischen Notierungen (Violin- und Bassschlüssel) wechseln mussten, hat. Allerdings ist offen, ob dieser Effekt auch über musikspezifisches Material hinaus Bestand hat. Wir postulierten eine effizientere Vorbereitung der zu leistenden Aufgabensequenzen abhängig von musikalischer Expertise, die sich in einer reduzierten Fehlerrate sollte. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Einfluss der situationalen Faktoren sich zwischen den drei Gruppen, bezogen auf die Reaktionszeiten, nicht unterscheidet. Allerdings finden wir die vorhergesagte Reduktion der Fehlerrate für die Gruppe mit der größten musikalischen Expertise, die wir als Indiz für eine effizientere Handlungsplanung interpretieren.
Literatur: Gade, M., Schuch, S., Druey, M. D., & Koch, I. (2014). Inhibitory control in task switching. In J. A. Grange, & G. Houghton (Eds.), Executive Control and Task Switching. Oxford University Press. Müllensiefen, D., Gingras, B., Musil, J., & Stewart, L. (2014). The Musicality of Non-Musicians: An Index for Assessing Musical Sophistication in the General Population. PLOS ONE, 9(2), e89642. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0089642 Slama, H., Rebillon, E., & Kolinsky, R. (2017). Expertise and cognitive flexibility: a Musician’s Tale. Journal of Cultural Cognitive Science, 1(2), 119–127. https://doi.org/10.1007/s41809-017-0011-5
Weitere Angaben
Publikationsform: | Veranstaltungsbeitrag (unveröffentlicht): Kongress/Konferenz/Symposium/Tagung, Vortrag |
---|---|
Schlagwörter: | Handlungsplanung, Expertise, Musik |
Institutionen der Universität: | Philosophisch-Pädagogische Fakultät > Psychologie > Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie
Philosophisch-Pädagogische Fakultät > Musik > Professur für Musikwissenschaft |
Open Access: Freie Zugänglichkeit des Volltexts?: | Nein |
Titel an der KU entstanden: | Ja |
KU.edoc-ID: | 23870 |
Letzte Änderung: 25. Feb 2020 07:36
URL zu dieser Anzeige: https://edoc.ku.de/id/eprint/23870/