Das christliche Menschenbild, die Kirchen und die "nichtchristlichen Parteien" (1945-1969)

Kurzfassung/Abstract

Bis in die 1960er Jahre wählten die Katholiken bei den Bundestagswahlen zu rund zwei Dritteln CDU und CSU, wobei Bischöfe und Klerus erhebliche Wahlhilfen leisteten. Die noch stark im sozialistischen Arbeitermilieu verhaftete SPD dagegen vermochte auch aufgrund ihrer antireligiösen Haltung kaum kirchlich gebundene Wähler anzusprechen. Nachdem die SPD bei den Bundestagswahlen 1957 fast 20 % hinter der Union (50,3 %) rangierte, änderte sie mit dem Godesberger Programm (1959) ihren politischen Kurs, wobei sie sich auch Positionen des linkskatholischen Spektrums näherte und unter katholischen Intellektuellen und der städtischen Bevölkerung warb. Zu Hilfe kam der Sozialdemokratie die unter Papst Johannes XXIII. (1958-1963) einsetzende Öffnung der katholischen Kirche und des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965: Neuorientierung der christlichen Sozialethik, Anerkennung der Verantwortungsbereichs der Katholiken in Politik, Gesellschaft und Kultur u.a.) und folglich auch der Neubestimmung des Verhältnisses von Kirche und „nichtchristlichen Parteien“. 1969 beendete die sozialliberale Koalition von SPD und FDP nach 20 Jahren die Herrschaft der Unionsparteien als Regierungsparteien im Bund.