Menschenrechte in der katholischen Kirche. Das aktuelle ‚Jahrbuch für christliche Sozialwissenschaften‘ widmet sich einem brisanten Thema

Kurzfassung/Abstract

Vor mehr als einem halben Jahrhundert erfolgte die Aufnahme der Menschenrechte in die katholische Soziallehre durch Papst Johannes XXIII. Was das päpstliche Rundschreiben ‚Pacem in terris‘ (1963) des Reformpapstes für das Verhältnis der katholischen Kirche, näherhin der Katholiken, zur politischen Ordnung und den internationalen Beziehungen von Mensch und Gesellschaft bedeutete, ist für viele Katholiken meist nur schwer nachvollziehbar. Zu selbstverständlich sind ihnen heute die Menschenrechte als Grundlage unserer Verfassung und unserer politischen, sozialen und familialen Lebenswelt; zu weit entfernt sind die Umstände, die Papst und Kirche seinerzeit nötigten, ihre Soziallehre an die Bedingungen liberal-rechtsstaatlicher Verfassungsordnung anzupassen. Die katholische Kirche musste damals nacharbeiten, was sie in der Folge von Revolution und Restauration seit dem 19. Jahrhundert in ihrer entschiedenen Gegnerschaft gegen die liberalen Ordnungsideen und das neu erwachte Lebensgefühl der Menschen in ihrer Lehre und Verkündigung versäumt hatte. -

In den vorgestellten Beiträgen werden beispielhaft auch eine Reihe von Gründen aufgezeigt, warum - trotz einzelner positiver lehramtlicher Stellungnahmen zu den Menschenrechten - seit dem II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) eine volle innerkatholische Aneignung der Menschenrechtsideen im Sinne von sittlicher Autonomie und Verantwortungsethik noch nicht erfolgt ist.